Mit der gestiegenen Anzahl von Geflüchteten in Deutschland hat sich in der sozialen Arbeit auch der Bedarf an Sprachmittlung zur angemessenen Beratung und Betreuung für diese Zielgruppe vervielfacht. Bislang gibt es jedoch keine einheitlichen Standards für die Qualifizierung von Sprachmittler_innen in diesem besonderen Tätigkeitsfeld. In Folge dessen werden Sprachmittler_innen mit unterschiedlichstem Qualifikationsniveau für die soziale Arbeit eingesetzt. Nicht selten werden auch nicht ausgebildete Personen zur Sprachmittlung herangezogen. Dabei stellt die Tätigkeit der Sprachmittlung insbesondere im Bereich sozialer Beratung und Betreuung von Geflüchteten eine enorme Herausforderung dar. So arbeiten Sprachmittler_innen häufig unter hohem Zeitdruck, mit einer z. T. hochbelasteten und bedürftigen Klientel sowie gegen geringe Bezahlung.
Bestehende Qualifizierungsmaßnahmen in Deutschland rangieren zwischen halbtägigen Workshops auf der einen und einjährigen Vollzeit-Fortbildungen oder zweijährigen Masterprogrammen auf der anderen Seite. Zudem herrscht eine unübersichtliche Bezeichnungspraxis für die so unterschiedlich Qualifizierten: ehrenamtliche Dolmetscher, Flüchtlingslotsen, Flüchtlingspaten, Gemeindedolmetscher, Integrationslotsen, Integrationsmentoren, Interkulturelle Begleiter, Kulturdolmetscher, Kulturlotsen, Kulturmediatoren, Kulturmittler, Sprachlotsen, Sprachmittler, Sprach- und Integrationsmittler, Sprach- und Kulturmittler – um nur einige zu nennen.
Im Ergebnis stellt sich diese hohe Diversität den Einrichtungen und Beteiligten, die Sprachmittlung in ihre soziale Arbeit mit Geflüchteten einbinden, vor allem als problematisch dar. In einem derart unübersichtlichen Bereich ohne einheitliche Qualitätsstandards sind die Kompetenzen der so unterschiedlich Qualifizierten zum Beispiel für die sozialen Träger schwer einzuschätzen. Umgekehrt führt diese große aber kaum strukturierte Bandbreite an Angeboten für Personen, die sich für die Tätigkeit des Sprachmittelns qualifizieren möchten, zu Verunsicherung: Auf welcher Basis soll eine sinnvolle Maßnahme ausgewählt werden, die zudem Anerkennung genießt und somit Beschäftigungschancen eröffnet? Unter diesen Bedingungen leidet nicht zuletzt die Kommunikation zwischen den Geflüchteten und den unterschiedlichen Akteuren in den sozialen und behördlichen Einrichtungen und damit die Qualität der sozialen Betreuung selbst.
Aus den genannten Gründen ist eine Konsolidierung und Konturierung dieses Berufsfeldes dringend erforderlich. ZwischenSprachen möchte dazu beitragen, indem auf der Basis empirischer Daten und im Wege wissenschaftlicher Methoden Qualitätsstandards für die Qualifizierung von Sprachmittler_innen in der sozialen Arbeit mit Geflüchteten erarbeitet und veröffentlicht werden.
07/2016-06/2018
Das Projekt verfolgte das Ziel, auf wissenschaftlicher Basis Qualitätsstandards für die Qualifizierung von Sprachmittler_innen für die soziale Beratung und Betreuung von Geflüchteten zu entwickeln und zu disseminieren.
Das Forschungsprojekt war unterteilt in 4 Module:
Um Standards für hochwertige und zugleich effiziente Qualifizierungsangebote zu schaffen, wurden zunächst vorhandene Erkenntnisse und Ansätze systematisch recherchiert. Dabei wurden auf nationaler wie auch internationaler Ebene (englischsprachige Recherche) vorhandene Qualitätsanforderungen auffindbarer Qualifizierungsangebote systematisch untersucht als auch publizierte Evaluationen von Qualifizierungsprogrammen einer Analyse unterzogen.
Zwei Formen der Befragung wurden im Projekt eingesetzt, um systematisch die Qualifizierungsbedarfe zu erheben, wie sie von den Beteiligten der sozialen Arbeit mit Geflüchteten gesehen werden:
1. Fokusgruppen (8-10 Personen der gleichen Zielgruppe; 2-3 stündig).
Elf Fokusgruppen mit den folgenden Zielgruppen und der angegebenen regionalen Verteilung wurden befragt:
Nordrhein-Westfalen (Fachkräfte aus der sozialen Arbeit)
Hamburg (Fachkräfte aus der sozialen Arbeit)
2. Einzelinterviews
Als zweite Form der Befragung wurden 26 Einzelinterviews durchgeführt:
Die in den Modulen 1 und 2 zusammengetragenen Daten bildeten die Grundlage für das Konsensus-Verfahren, an dessen Ende die Qualitätsstandards festgelegt wurden. Während die Aufbereitung der Daten in Form des Konsensusdokuments zunächst noch durch das Projekt-Team am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf erfolgte, übernahmen Expertinnen und Experten die folgenden Arbeitsschritte der Erarbeitung der Qualitätsstandards. Den letzten Schritt bildete eine zweitägige Konsensustagung in Hamburg.
Veröffentlichung der Projektergebnisse in Form der frei zugänglichen Abschlussbroschüre, dieser Projekt-Webseite sowie auf einer internationalen Fachtagung in Hamburg.
Das Projekt wurde fachlich begleitet von einem interdisziplinären Beirat.